Musikgespräche

Hör mal (wieder) - Beethovens Klavierkonzert Nr. 3 c-Moll, op. 37

Hörtipp Nr. 10 von Richie von SINFONIMA

"Allegro" e "largo": Der 10. Hörtipp von Klassik-Liebhaber Richie ist diesmal Beethovens Klavierkonzert in c-moll. Das richtige Tempo ist dabei für ihn entscheidend.

Foto: Richie von SINFONIMA

Ich weiß nicht genau, aus welchem Grund ausgerechnet Beethovens 3. Klavierkonzert, sein einziges in einer Moll-Tonart, mein Lieblingsklavierkonzert ist. Genügend andere „Kandidaten“ gäbe es ja. Vor allem müsste es für mich als „Spätromantiker“ ja eigentlich das 5. (Beethoven) oder - noch eher – das 1. von Tschaikowsky sein. Oder etwa doch Mozarts 20. (KV 466), das - lt. Wikipedia - von Beethoven sehr bewundert wurde und deshalb als Vorbild für dieses Konzert gedient haben könnte?

Genau weiß ich aber, wenn ich es mir (schon wieder) anhören will, dass es mich dann jedes Mal erneut mitreißen (1. Satz), träumend davontragen (2. Satz) und zum Schluss (3. Satz) umhauen wird.

Daher sind für mich die Tempi bei diesem Konzert besonders wichtig. Keinesfalls dürfen sich Dirigent und Pianist dazu verleiten lassen, den 1. und auch den 3. Satz – trotz der Tempo-Bezeichnung „allegro“ zu schnell (!) anzugehen. Das gilt übrigens bei Beethoven für alle Orchesterstücke: „Die Schnelligkeit für das Ohr kommt bei Beethoven von ganz allein“, war die Auffassung des für mich unvergessenen Dirigenten Otto Klemperer.

Mit ihm bin ich „groß“ geworden, was Beethovens Sinfonien, Ouvertüren und Solo-Konzerte angeht. Dabei weiß ich mich übrigens in guter Gesellschaft: "Ein Gutes hatte er", so die berühmte und unvergessene Sängerin Christa Ludwig. "Klemperer wusste immer die genau richtigen Tempi."

Kleiner Exkurs an dieser Stelle: Übrigens liebe ich Klemperer noch heute für seinen Kommentar zum „Auswendigdirigieren“ (wenn der Dirigent das Orchester bei einer Aufführung leitet, ohne dass die Partitur vor ihm liegt): „Der Herr Kollege kennt die Partitur auswendig – aber kennt er sie auch inwendig?“. Und was hätte Klemperer wohl erst zu der neuerdings immer mehr um sich greifenden Unsitte gesagt, dass Dirigent:innen ohne Stab vor den Orchestern stehen und „dirigieren“?

Zurück zum 3. Klavierkonzert und seinen Tempi: Insbesondere sollte natürlich der wunderschöne 2. Satz seiner Tempobezeichnung entsprechend  auch wirklich „breit“ (= largo) angelegt sein.

Otto Klemperer und Daniel Barenboim (als Solist) brauchten 1968 für den 1. Satz 18:53, für den 2. Satz 10:52 und für den 3. Satz 9:47 Minuten.

Bernhard Haitink und Alfred Brendel (als Solist) brauchten 1976 für den 1. Satz 17:11, für den 2. Satz 10:30 und für den 3. Satz 9:04 Minuten.

Also: Es gibt zahlreiche Aufnahmen dieses 3. Klavierkonzerts (und der übrigen vier!).

Welche ist/wird Euer Favorit?

Bis zum nächsten Mal.

 


Euer Richie 
 

 

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Letztlich ist das mit den Tempi natürlich eine Geschmacksfrage, über die sich nicht wirklich streiten lässt. Die Noten einer Partitur geben vieles wieder, aber eben nicht alles. Zu jedem Musikstück gibt es daher andere Meinungen und unterschiedliche Interpretations- und Hörgewohnheiten. Und das ist auch gut so und macht die „Sache“ mit der klassischen Musik ja immer wieder und immer noch so spannend. Ein „ungewohntes“ Tempo kann schon mal den Eindruck erwecken, es handele sich um ein völlig anderes Stück bzw. etwas völlig anderes.

Beispiel gefällig? 


Wenn aus Tänzerinnen Schildkröten werden!

Original: Jacques Offenbach Tänzerinnen (Orpheus in der Unterwelt)

Variation: Saint-Saëns‘ Schildkröten (Karneval der Tiere):

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