Musikgespräche

Hör mal (wieder) - "Orpheus und Eurydike" von Christoph Willibald Ritter von Gluck

Hörtipp Nr. 5 von Richie von SINFONIMA

Richie von SINFONIMA lädt mit dem heutigen Hörtipp Nr.5 zum Träumen ein: Die Musik ist ein Beleg dafür, wie Gluck mit dieser Oper zum Schöpfer einer neuen Musik wurde und die seinerzeit noch junge Gattung Oper nachhaltig reformierte. Damit aber auch die Fans der leichteren Muse auf ihre Kosten kommen, verweist Richie zusätzlich auf eine Parodie des gleichen Sagenstoffs. Glucks berühmte Klage des Orpheus über den Verlust seiner Eurydike wird dort ausdrücklich zitiert, obwohl dieser Orpheus gar nicht klagen und seine Eurydike auch gar nicht wiederhaben will. Für Richie einer der besten Gags der Operngeschichte.

Richie von SINFONIMA beim Hören seiner Lieblingsmusik. (Foto/Logo: Mannheimer Versicherung AG)

Hört zunächst erst einmal rein in die Musik (Karajan, Berliner Philharmoniker, 1983):

oder schaut euch diese szenische Darstellung an (Pina Bausch, Palais Garnier, 2008):



So klingt die Musik im Paradies. Jedenfalls im Himmel der griechischen Sage, wenn die „seligen Geister“ ihren Reigen tanzen. Und: Zumindest nach der Vorstellung des deutschen Komponisten Christoph Willibald Ritter von Gluck (1714 – 1787).

Dieser „Reigen der seligen Geister“ findet statt in „lieblicher Landschaft mit grünen Wäldchen, blühenden Wiesen, schattigen Plätzen, Flüssen und Bächen“. Er bildet damit einen starken Kontrast zur unmittelbar vorhergehenden dramatischen Höllen-Passage: Dort musste der Sänger Orpheus zuvor in „schauriger Höhlengegend am Ufer des Flusses Kokytos, in der Ferne durch einen dunklen, von Flammen durchloderten Rauch vernebelt“ die Furien und Geister der Hölle mit seinem Gesang besänftigten, um an ihnen vorbei zu können.

Die Sage um den griechischen Sänger Orpheus, der so schön und ergreifend singen konnte, dass ihm die Götter erlaubten, seine verstorbene Gattin Eurydice aus der Unterwelt ins Leben zurückzuholen, schien vom Beginn der Operngeschichte an als Stoff geradezu prädestiniert für musikalische Einfälle aller Art und wurde deshalb sehr häufig aufgegriffen und von zahlreichen Komponisten vertont. (Monteverdis Fassung des „Orpheo“ gilt als erste Oper überhaupt!)

Jedoch haben dabei nicht viele von ihnen Musik geschaffen, deren Melodien noch heute (fast) jeder kennt und die deshalb auch nach fast 260 Jahren immer noch gern und oft gehört und aufgeführt wird. Gluck gehört zweifellos zu ihnen und gilt deshalb als einer der bedeutendsten Opernkomponisten der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts.

Ein weiterer Beweis dafür ist aus der gleichen Oper die Arie, in der Orpheus seine Trauer über den (zweiten!) Tod seiner geliebten Eurydike Ausdruck verleiht, nachdem er sich auf dem Weg aus der Unterwelt zurück ins Leben verbotenerweise zu ihr umgedreht hat:

„Che farò senza Euridice?“/„J’ai perdu mon Eurydice“/„Ach, ich habe sie verloren“:

Insgesamt ist diese Musik damit ein Beleg dafür, wie Gluck mit dieser Oper zum Schöpfer einer neuen Musik wurde und die seinerzeit noch junge Gattung Oper nachhaltig reformierte: Er gestaltete die dramatischen Situationen der Handlung (hier den unmittelbare Kontrast der unterschiedlichsten Welten) zu einer größeren Einheit des musikalischen Dramas. Daneben stärkte er insbesondere auch den Ausdruck der Rezitative und der Arien.

Mein Fazit: Egal, welche der vielen Fassungen (Wien 1762, Parma 1769 oder Paris 1974) und welche Sprache (französisch, italienisch oder sogar deutsch) Ihr auswählt: Es gibt viele weitere Melodien und viel Dramatik zu entdecken in dieser Oper. Mehr jedenfalls als der – der Handlung geschuldete - traurige Beginn zunächst vermuten lässt. Traut Euch einfach, mal von Beginn an reinzuhören!

P.S.: Wer es lieber „leichter“ mag, der kann sich den gleichen Sagenstoff mit Jacques Offenbach„Orpheus in der Unterwelt“ in parodistischer Form, aber mit ebenso unvergänglicher Musik, zu Gemüte führen. Meister Offenbach verneigt sich darin sogar ausdrücklich vor Gluck, indem er dessen Orpheus musikalisch zitiert: Gegen seinen Willen wird Orpheus von der (personifizierten!) Öffentlichen Meinung gezwungen, Eurydike ins Leben zurückzuholen. Im Olymp bittet er Jupiter darum mit der (Anfangszeile der) Arie von Gluck „Ach, ich habe sie verloren“ (siehe oben) und rührt damit sogleich alle zu Tränen. In meinen Augen einer der besten Gags der Operngeschichte!

Zu sehen und zu hören z. B. in der genialen Inszenierung von Harry Kupfer an der Komischen Oper Berlin von 1999 (bei 1:26:18) 

Zu sehen und zu hören z. B. in der genialen Inszenierung von Harry Kupfer an der Komischen Oper Berlin von 1999 (bei 1:26:18) 




Euer Richie 

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