Musikgespräche

Hör mal (wieder) - "Ariadne auf Naxos" von Richard Strauss

Hörtipp Nr. 3 von Richie von SINFONIMA

Für mich hat diese Oper von Richard Strauss den irreführendsten Titel der gesamten Opernliteratur. Ich habe mich sehr lange Zeit nicht für sie interessiert, weil ich keine Lust hatte auf eine vermeintlich antike (mutmaßlich langweilige) Tragödie, die der Titel nun mal vermuten lässt.

1987 konnte ich dann in New York keine andere Karte für die Metropolitan Opera ergattern als für dieses Stück und seither gehört Ariadne zu meinen absoluten „Freundinnen“. Das verdanke ich nicht zuletzt (meiner unvergessenen Operngöttin) Jessye Norman, die an diesem Abend die Rolle der Primadonna bzw. der Ariadne sang. Ich besitze glücklicherweise eine DVD dieser Aufführung. Ausschnitte sind auf YouTube abrufbar.

Den Zuhörer erwartet tatsächlich - anders als der Titel vermuten lässt - keine „antike Tragödie“, sondern ein Stück, das zugleich spannend und komisch, eingängig-melodiös und opernhaft-verklärt komponiert und ausgestaltet ist. Ein sehr unterhaltsames Werk und doch auch „Strauss am Hochreck“ (z. B. die Ariadne-Arien Ein Schönes war  und Es gibt ein Reich).

Im Kern geht es um den Wettstreit zwischen („ernster“=) E- und („unterhaltsamer“=) U-Musik bzw. ihrer sie produzierenden Protagonisten. Denn „Ariadne auf Naxos“ ist der Titel einer Oper, die – so wird es im Vorspiel erklärt - ein junger, enthusiastischer Komponist zur Unterhaltung der Gäste „im Hause des reichsten Mannes von Wien“ auftragsgemäß komponiert hat. Da der Gastgeber aber befürchtet, mit der auf einer „wüsten Insel“ spielenden Oper allein seine Gäste zu langweilen, befiehlt er, dass zeitgleich (!) mit der Oper auch eine Comedia dell’Arte mit dem Titel „Die ungetreue Zerbinetta und ihre vier Liebhaber“ aufgeführt werden muss.

Der zweite Teil des Stücks zeigt dann, wie dieser befohlene Spagat zwischen den beiden Welten überaus erfolgreich gelingt. Viel Stoff also für zahlreiche komödiantische und für noch mehr musikalische Einfälle, die Strauss weidlich auskostet.

Der Hörtipp ist eine Arie dieser Zerbinetta, mit der sie die „großmächtige Prinzessin“ Ariadne von ihrem Liebesschmerz kurieren möchte, denn sie l(i)ebt nach dem Motto: „Männer! Lieber Gott, wenn du wirklich wolltest, dass wir ihnen widerstehen sollten: Warum hast du sie so verschieden geschaffen?“.

Mein Hörtipp ist die Arie deshalb, weil sie nach meiner Kenntnis mit mehr als 11 Minuten (!) eine der längsten (und vielleicht sogar auch schönsten) deutschen (!) Belcanto-Koloratursopranarie „ever“ ist – die „Untertanen“ der Königin der Nacht mögen es mir verzeihen.

Edita Gruberova, 1978

Wie sagt der Komponist im Vorspiel: „Musik ist eine heilige Kunst!“ Das hat Meister Strauss aber nicht davon abgehalten, als bewussten (!) Gag am Ende dieser Arie das Publikum zu früh für die immense Leistung der Sängerin mit dieser Arie zum Applaudieren zu verführen: Ich habe (leider, aber der Absicht von Strauss entsprechend) noch keine Aufführung erlebt, in der nicht an dieser falschen Stelle (vor dem letzten Satz) schon der Beifall einsetzte. (vgl. 7:14 Min bei nachfolgendem Video):

Kann Euch ja jetzt nicht mehr passieren!

Link zur vollständigen vollständige Aufnahme  &  Link zum vollständigen Textbuch

Wer bevorzugt den U- und wer den E-Musik-Teil dieser Oper? Ich jedenfalls kann mich bis heute nicht entscheiden.

Euer Richie

 

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