Musikgespräche

Die ewige Suche nach dem heiligen Gral

Ein SINFONIMA-Interview mit Dragos Manza über herausragende Instrumente und perfekte Musik.

Der rumänische Violinist Dragos Manza, 1988 geboren, ist ehemaliger Stipendiat der SINFONIMA-Stiftung, bei der er sich 2007 ein Leihinstrument erspielte. Seit er 23 Jahre alt ist, ist er bei den Düsseldorfer Symphonikern 1. Konzertmeister. Mit unserer Autorin Kathrin von SINFONIMA traf er sich zum Gespräch über die ewige Suche nach dem heiligen Gral und was außer der Klassik für ihn die perfekte Musik darstellt.

Fotos: Copyright Susanne Diesner

Die Verbindung zu SINFONIMA begann, als Sie sich bei der SINFONIMA-Stiftung
um ein Instrument daraus bewarben. Sie absolvierten den Wettbewerb sehr erfolgreich, so dass die Stiftung Ihnen eine Meistergeige von Nicolas Lupot für 2 Jahre zur Verfügung stellte. Wie kam es zu diesem Vorspiel?
Ich werde nie vergessen, wie ich zu jeder einzelnen meiner Violinen gekommen bin. 2007 kam ich zum Studium nach Deutschland an die Musikhochschule Franz Liszt in Weimar. Mit im Gepäck war meine Violine aus Rumänien. und sie war für die Standards hier ungenügend. Mein Lehrer Prof. Friedemann Eichhorn empfahl mir, bei der SINFONIMA- Stiftung vorzuspielen, weil es dort „Geigen gibt, die man als Student zur Verfügung gestellt bekommen kann, wenn man gut ist”. Ich hatte Glück und erhielt diese Violine circa 2009. Zu dieser Zeit spielte ich viele Recitals mit Klavier bei denen das Instrument besonders gut zur Geltung kam. Die Erfahrungen, die ich damals sammelte, wären mir mit meinem alten Instrument nicht so gut gelungen.

Welche Erinnerungen haben Sie an das erste Konzert mit der Nicolas Lupot Geige? 
Mit der Violine von Nicolas Lupot reiste ich nach Dörzbach. Dem Publikum stellte ich das Instrument vor, spielte die erste Hälfte mit meinem alten Instrument und die zweite Hälfte mit der neuen Violine. Das Publikum war begeistert!
Ein anderes frühes Konzert, an das ich mich sehr gerne erinnere, war ein Solokonzert von Bach in der Weimarer Herderkirche - ich fühlte mich so wohl mit meinem Instrument, alles passte.

   Dragos Manza (Copyright: Susanne Diesner)

Wenn man ein neues Instrument erwirbt, dauert es immer eine Weile, bis man sich mit ihm arrangiert hat. Wann war es bei Ihnen mit dieser Meistergeige so weit?
Es ging erstaunlich schnell, auch im Vergleich zu anderen Violinen in meinem Leben. Das war ein großer Vorteil, denn wenn man recht zeitnah nach dem Erwerb Auftritte hat, dann muss man schnell damit umgehen können.

Dieses Instrument machte mir alles einfacher: sie sprach schneller an, hatte einen deutlichen und durchdringenden Klang. Mein altes Instrument hatte einen sehr schönen, weichen Klang aber man musste stark daran arbeiten, wenn man einen solistischen Klang haben wollte. Genau den hatte aber die Meistergeige von Lupot.


Bei welchem Instrument sind Sie inzwischen angelangt nachdem Sie bis 2014 die „Ex Louis Spohr“ von Giovanni Battista Guadagnini aus dem Besitz der Weimarer Musikhochschule begleitete?
Mein Studium ging zu diesem Zeitpunkt zu Ende, sodass ich das Instrument zurückgeben musste. Aber ich hatte mich früh um eine neue Violine gekümmert. Und auch heute spiele ich sie noch: eine Violine von Vincenzo Iorio von 1850. Sie ist ein gutes und zuverlässiges Werkzeug, das mich im Orchester als Konzertmeister unterstützt. Sie ist sehr einfach zu spielen und reagiert sehr schnell auf alle meine Intentionen. Sie drängt sich nicht sehr stark in den Vordergrund wie andere Violinen, muss nicht gezähmt werden. Außerdem singt sie auf der E-Seite besonders schön. In der Tiefe allerdings hat sie noch Potential.

Verstehe ich das richtig: Sie besitzen gerade das perfekte Instrument um im Orchester mitzuwirken, suchen aber Ihren heiligen Gral für kammermusikalische und solistische Konzerte?
Ganz genau so ist es: Sie ist für mich als Konzertmeister perfekt, außer bei den Soli, die in dieser Position immer wieder vorkommen. Bei anderen solistischen und kammermusikalischen Besetzungen stelle ich fest, dass es etwas mehr sein könnte: wenn ich zum Beispiel Brahms oder Schostakowitsch spiele, auch bei Beethoven, wäre ein noch besseres Instrument hilfreich. Aber sicherlich würde auch jemand mit einer Stradivari sagen, dass das Instrument nicht in allem perfekt ist. Irgendwas ist immer.

Und welches persönliches Lieblingswerk würden Sie uns gerne zum Hören mitgeben?
Seit meinem 12. Lebensjahr kenne und liebe ich über alles Schuberts Streichquintett in C-Dur. Zuletzt habe ich es in meiner Studienzeit in Weimar gespielt, leider seitdem nicht mehr. Heute drücke ich mich fast davor, es erneut zu spielen, weil meine eigenen Ansprüche an mich bezüglich dieses Werks so sehr ins Unermessliche gewachsen sind.

Wollen Sie uns jetzt weismachen, Sie wären schlechter geworden?
Selbst wenn ich besser geworden sein sollte... Es müsste so vieles zusammenkommen, damit es perfekt gelingt. Naja, irgendwie warte ich auf den richtigen Moment.

Ein Hörbeispiel von Dragos Manza auf Youtube.

Ich freue mich schon darauf, wenn er da ist und ich Sie mit Schubert hören kann!
Sicherlich gibt es auch Momente, in denen Sie etwas anderes außer Musik machen. Was packt Ihre Leidenschaft außerdem?
In den letzten 5 Jahren war die Natur- und Tierfotografie etwas, das mich begeistert hat, besonders Singvögel haben es mir angetan. Einmal habe ich Costa Rica von Norden bis Süden bereist, habe Naturreservate besucht. Zur Zeit erkunde ich liebend gerne die Gegend von Düsseldorf auf dem Rennrad. Und perfekt wird beides in der Kombination, wenn in der warmen Jahreszeit in manchen Gegenden die Nachtigallen singen.

Sie interessieren sich also nicht nur für die Optik der Vögel, sondern erkennen sie auch an ihrem Gesang? Das ist eine schöne Verbindung zur Musik!
Für mich sind sie ein Vorbild zum Musizieren. Mit größter Leichtigkeit und ohne große Anstrengung kommen wunderschöne Melodien aus ihren Kehlen.

Wenn Sie auf 2022 schauen, auf welche Melodien freuen Sie sich besonders?
Mit Adam Fischer werden wir bei den Düsseldorfer Symphonikern Schuberts 2. und Beethovens 8. Sinfonie spielen, außerdem gemeinsam mit Igor Levit Beethovens Konzert für Klavier und Orchester Nr. 3 c-Moll op. 37, ein wunderbares Programm.

 

 
 Ein Interview von 
Kathrin 

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