Musikgespräche

Hüter der Stiftungsinstrumente

Geigenbaumeister Christian Arnold sorgt für die Spielbarkeit der SINFONIMA-Stiftungsinstrumente

Christian Arnold ist Geigenbaumeister und führt mit seiner Meisterwerkstatt eine über einhundertjährige Familientradition weiter: 1909 baute sein Großvater einen Musikalienhandel mit Geigenbauabteilung auf, die sein Vater übernahm und schließlich auf Christian Arnold überging. Wir führen dieses Interview, weil zwischen SINFONIMA und Herrn Arnold eine besondere Beziehung besteht. Er kümmert sich um die Aufbewahrung, Pflege und Restaurierung des Instrumentenbestandes der SINFONIMA-Stiftung. Wenn die Leihinstrumente nach zwei Jahren von den Preisträgern zurückgegeben werden, verwandelt Herr Arnold die Instrumente wieder in den bestmöglichen Zustand, bevor sie an die nächste Musikergeneration weitergereicht werden. Heute stellen wir Christian Arnold vor und dürfen dabei auch Einblicke in seine Darmstädter Geigenbauwerkstatt geben.

Christian Arnold zieht für die Bewertung von Instrumenten Fachliteratur heran | Foto: Marcus Müller / www. FOTO-DIGITAL-STUDIO.de

Lieber Herr Arnold. Danke, dass Sie bereit sind, uns ein wenig mehr über Sie und Ihre Passion für den Instrumentenbau zu erzählen: Verraten Sie und, wer Sie besonders geprägt hat und wie es zu diesem Berufswunsch kam, der ja immer noch eine Besonderheit unter den sonstigen Berufen ist, die es so gibt?

Ich habe im Musikgeschäft und der dazugehörenden Geigenbauabteilung meines Vaters schon als Jugendlicher gerne ausgeholfen, auch um mir etwas hinzu zu verdienen.
Die Mitarbeit in der Werkstatt unter Geigenbaumeister Alfred Neudörfer, der bei meinem Vater angestellt war, hat mich sehr positiv beeinflusst. Ich kann schon sagen, dass seine Leidenschaft und auch die meines Vaters zum Instrumentenbau wesentlich dazu beigetragen haben mich dann in Mittenwald an der Geigenbauschule für die Ausbildung zu bewerben. Es gab oft interessante Gespräche zwischen Berufsmusikern und Herrn Neudörfer denen ich gerne aufmerksam zugehört habe. Herr Neudörfer war zudem ein recht guter Cellist, nicht selten wurde ein kleines Cellokonzert gegeben. Es war eine sehr schöne Zeit.

Ein Blick in die Geigenbauwerkstatt | Foto: 

Würden Sie sagen, Sie leben Ihren Traumberuf? Welche Faktoren am Arbeitsalltag machen Sie glücklich? Oder umgekehrt: Welche Faktoren sind für Sie schwierig?

Nun, sowohl der tägliche Umgang mit Kunden, helfen zu können bei Problemen mit ihrem Instrument, als auch die vielfältigen, zum Teil herausfordernden Arbeiten in der Werkstatt an Streichinstrumenten machen mir bis heute großen Spaß. Natürlich auch die Vielseitigkeit, die dieser Beruf mit sich bringt. Ein leidenschaftlicher Barockmusiker, der ein passendes Instrument in Barockmontur möchte, stellt ganz andere Ansprüche an Klang und Instrument wie ein Berufsmusiker von der Oper oder eines Theaters. Dies nur als Beispiel.
Schwierig - oder besser zeitaufwändig - sind für alle Selbstständigen u.a. die Anforderungen der Finanzämter zur Dokumentation aller Geschäftsabläufe. Große Firmen haben dafür ihre eigene Abteilung, kleinere Betriebe müssen die Büroarbeiten meist selbst stemmen.

Wie ist das Verhältnis von Instrumentenbau und Reparaturen in Ihrer Werkstatt, überwiegt ein Bereich?

Wie reparieren fast ausschließlich, handeln und verleihen Streichinstrumente. „Neubauer“ haben sich in der Regel spezialisiert. Das beginnt schon beim beruflichen Lebenslauf. Man geht nach der Ausbildung zu einem bekannten, auf Neubau spezialisierten, Geigenbauer. Auch die Werkstattausrüstung und meist auch die Lage der Werkstätten unterscheidet sich: Man muss sich als Neubauer nicht zwingend nahe den Musikschulen und Theatern, also mitten in der Stadt/ Großstadt niederlassen.

Das Team der Geigenbauwerkstatt Arnold | Foto: Marcus Müller / www. FOTO-DIGITAL-STUDIO.de

Damit verbunden ist natürlich auch die entsprechende Beratung der Eltern. Wir geben Tipps und informieren rund um den Erwerb von Streichinstrumenten und Zubehör. Außerdem sind wir da, wenn Instrumentenwerte geschätzt werden sollen, und stellen dann Gutachten für Versicherungen und Wertbestätigungen aus.

Sie kümmern sich um die Instrumente der SINFONIMA-Stiftung. Wie kam es dazu, dass Sie diese Aufgabe übernommen haben?

Die SINFONIMA- Stiftung hat mich vor Jahren besucht und mir berichtet, dass sie die Herausgabe und Entgegennahme der Leihinstrument einige Zeit selbst organisiert haben. Das birgt natürlich auch Gefahren, man übersieht bei der Rückgabe einen während der Zeit entstandenen Schaden nicht gleich. Dies erkennt ein Fachmann meist auf den ersten Blick. Zur Dokumentation habe ich inzwischen den größten Teil der Sammlung fotografisch dokumentiert, sodass man notfalls schnell belegen kann, in welchem Zustand das Instrument sich vor der Leihgabe befunden hat. Dass die Wahl auf mich gefallen ist, liegt vielleicht auch an der Nähe zum Stammsitz der Stiftung. Ich muss natürlich auch zugeben, dass mein Herz bei solch seltenen Instrumenten sehr hoch schlägt. Die Leidenschaft, die Instrumente im guten Zustand zu erhalten, die Musiker auf Alltagsgefahren im Umgang mit einem wertvollen Streichinstrument hinzuweisen, ist für mich eine Selbstverständlichkeit.

Ein Himmel voller Streichinstrumente | Foto: Marcus Müller / www. FOTO-DIGITAL-STUDIO.de


In welchem Zustand befinden sich die Stiftungsinstrumente? Welche Arbeiten sind regelmäßig zu tun, wenn die Instrumente nach der Leihgabe zurückgegeben werden?

Bis auf ein, zwei Instrumente, an denen in früherer Zeit größerer Reparaturen ausgeführt wurden, befinden sich die Stiftungsinstrumente in überraschend gutem Zustand. Ich spreche jetzt vom guten Erhaltungszustand der vom 17. bis ins 20. Jahrhundert stammenden Streichinstrumente der SINFONIMA-Stiftung. Aber auch die wiederkehrende fachliche Durchsicht und Überholung ist sehr wichtig, damit die Instrumente gut bespielbar bleiben und Schäden und Abnutzungen durch den täglichen Gebrauch möglichst klein gehalten werden.

Ein Teil der Darmstädter Geigenbauwerkstatt | Foto: Christian Arnold

Sie haben alle aktuellen Preisträger*innen kennengelernt, weil diese ihr Leihinstrument bei Ihnen in Darmstadt abgeholt haben. Wie würden Sie die Stimmung unter den Musikern beschreiben? Waren die Freude und die Aufregung groß? War die Stimmung auf gewisse Weise feierlich?

Es ist immer eine sehr gute Stimmung unter den Musikstudenten, wenn die Instrumente entgegengenommen werden. Die Vorfreude ist dann schon wirklich groß, wir merken, dass auch schon bei der vorherigen Anmeldung, wie aufgeregt die Studenten um eine Terminvergabe bitten.

Unabhängig ob Stiftungs-Preisträger*in oder Berufsmusiker*in, die/der ein Instrument bei Ihnen in Auftrag gibt: der Tag der Abholung ist doch bestimmt recht emotional für beide Seiten?

Na, ich selbst muss schon ruhig bleiben um bei der Aufklärung der Musiker und Herausgabe der Instrumente keine Fehler zu machen. Ich lasse jedoch die Musiker die Instrumente grundsätzlich vor der Herausgabe ihr Leihinstrument anspielen, um sicher zu gehen, dass alles passt. Zum Beispiel die Anpassung der Saitenlage, also den Abstand der Spielsaiten zueinander und zum Griffbrett kann dann vor Ort noch bei Bedarf angepasst werden. Alles ist sehr individuell, man muss mit den Musikern einige Besonderheiten vor der Herausgabe besprechen.

Eine Leihnehmerin, die sich ein sehr schönes Cremoneser Instrument erspielt hatte, war so aufgeregt, dass ich ihr einen Sitzplatz angeboten habe und die Geige dann vorsichtshalber selbst in das Geigenetui eingepackt habe. Sie war tatsächlich so aufgeregt, dass ich auf das obligatorische Probespiel lieber verzichtet habe. Ich denke sie wird sehr gut auf die Leihgeige aufpassen, das beruhigt mich dann wiederum.

Herzlichen Dank für Ihre Offenheit und Ihre Unterstützung für die SINFONIMA-Stiftung, Herr Arnold.

Weitere Informationen

http://www.geigen-arnold.de/

 


Das Interview führte Isabelle 

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