Musikgespräche

Einfach spielen und sich ausprobieren - das ist, was er will

Zehn Jahre ist es her: Als die SINFONIMA-Stiftung ihn 2007 anrief und ihm gratulierte, kamen ihm vor Freude ein paar Tränen. So richtig damit gerechnet, dass er unter die Stipendiaten kommen würde, hatte er nicht.

Stefan Krznaric ist jemand, den man auf Anhieb sympathisch findet und mit dem das Gespräch einfach fließt. Er besucht SINFONIMA zu einem lockeren Gespräch im Gebäude der Mannheimer Versicherung und hat seine Geige im Gepäck. Der 30 Jährige war vor genau zehn Jahren Stipendiat der SINFONIMA-Stiftung. Damals stand er noch ganz am Anfang seiner Karriere, heute blickt er auf zahlreiche (inter-)nationale Engagements – teils gemeinsam mit namhaften Musikern– zurück. Für SINFONIMA steht er im Dezember bei der "Adventsmatinée" auf der Bühne, zu der u.a. aktuelle Stipendiaten und SINFONIMA-Kunden eingeladen wurden. 

   

Zehn Jahre ist es bereits her: Als die SINFONIMA-Stiftung ihn 2007 anrief und ihm gratulierte, kamen ihm vor Freude ein paar Tränen. So richtig damit gerechnet, dass er unter die Stipendiaten kommen würde, hatte er nicht. Am Vortag des Wettbewerb-Vorspiels hatte er noch einmal vier Stunden Unterricht und fühlte sich danach völlig ausgelaugt. Sein Lehrer meinte dazu: "Ich würde mir überlegen, ob ich morgen dort vorspielen werde." Taktik des Lehrers, um ihn anzuspornen? Damals sorgte dieser Satz für Verunsicherung, im Nachhinein versteht Stefan Krznaric ihn. "Ich bin kein Wettbewerbstyp. Ich wollte mich immer lieber frei entfalten, spielen, wie ich mich fühle. Bei klassischen Vorspielen wird jedoch oft erwartet, dass man genauso spielt wie die Noten es vorgeben... Gleichzeitig bin ich häufig ekstatisch, begeistere mich sehr für etwas, was aber auch Unruhe reinbringt. Vielleicht wollte mein Lehrer ein bisschen Gas rausnehmen, mich stärker fokussieren."

Letztendlich klappte das Vorspiel auf Anhieb und schon bald darauf bekam Krznaric den erlösenden Anruf der SINFONIMA-Stiftung: "Herzlichen Glückwunsch, Sie haben es geschafft." Als Stipendiat wurde ihm eine Bertoni-Geige aus dem Jahr 1759 als Leihgabe überreicht.

Zwei Jahre später stand er vor einer schweren Entscheidung: sich erneut bei der SINFONIMA-Stiftung um die Bertoni-Geige zu bewerben oder sie abzugeben, denn das Stipendium gilt immer für zwei Jahre. "Ich habe lange überlegt, auch mit meinem Lehrer zusammen. Zwei Jahre mit einem Instrument sind sehr kurz. Man teilt quasi sein Leben mit dem Instrument. Man öffnet sich, drückt sich dadurch aus. Es ist eine sehr emotionale, enge Verbindung." Krznaric war unschlüssig, er wollte an die Qualität der Bertoni-Geige anschließen, keinen Rückschritt machen. "Ich wollte sie vom Gefühl her nicht wieder abgeben. Aber nochmal zwei Jahre mit ihr spielen, mich noch weiter an sie gewöhnen und letztendlich dann doch abgeben müssen, das wollte ich auch nicht. Also habe ich nach einer grundsätzlichen Alternative gesucht." Ohne Druck fing er an zu schauen und verglich Geigen verschiedener Preissegmente miteinander, um herauszufinden, was er eigentlich braucht und wie unterschiedlich sich Geigen anfühlen.

Nach mehreren Vergleichen fiel die Entscheidung auf eine alte französische Geige von Pierre Silvestre, die um 1850 gebaut worden war. Das Problem: Wie sollte er sie finanzieren? Seine Eltern hatten ihn immer unterstützt, so gut es ihnen möglich war. Sie kauften ihm z. B in seiner Jugend eine sehr gute Geige, die jedoch im Vergleich nicht an die Qualität der Bertoni heranreichte. Dennoch half ihm diese Geige, indem sie u.a. das Startkapital bildete, das er für die ins Auge gefasste Silvestre-Geige benötigte. Doch es fehlte immer noch ein recht großer Betrag. Er wandte sich an eine weitere Stiftung, um von dieser ein Darlehen zu bekommen. Die Reaktion des Stiftungsleiters: "Wir sind keine Bank. Wenn wir Dir Geld leihen, dann geben wir es Dir so, ohne Rückzahlungsforderung." Eine unerwartete Überraschung und ein unerwarteter Segen! "Ich war platt. Damit konnte ich sofort meine jetzige Geige finanzieren. Als "Gegenleistung" wurde ich gebeten, immer wieder im Namen der Stiftung in verschiedenen Locations in der Region Rhein-Neckar aufzutreten. Aber davon hatten sowohl die Stiftung als auch ich etwas und ich bin dafür äußerst dankbar." Die Unterstützung beider Stiftungen bewertet Krznaric als sehr positiv, denn dadurch erhielt er die Möglichkeit, sich auszuprobieren, Erfahrungen zu sammeln und sich insgesamt weiterzuentwickeln.

Zahlreiche Reisen, seine ungarischen Wurzeln sowie seine musikalischen Erfahrungen mit vielen ungarischen Musikern aber auch Musikern aus aller Welt prägten ihn und seinen musikalischen Geschmack ganz entscheidend. Somit ist er nicht auf einen bestimmten Stil festgelegt, sondern fühlt sich immer wieder inspiriert durch das Ausprobieren neuer Dinge. Mal steht er als Solist auf der Bühne, mal spielt er in Kammermusikbesetzung, als Salonensemble oder macht Kaffeehausmusik wie Andre Rieu, mit dem er bereits gemeinsam musizierte. Er brennt für Klezmer, spielt auch mal Schlager, Oldies und ein anderes Mal erkennt man ihn bei einem Pop/Jazz/Rock/House/Klassik-Crossover-Programm vielleicht nicht wieder. "All diese unterschiedliche Musik hält mich wach und am Leben."

"Mein Studium habe ich u.a. mit dem Spielen in Clubs und Diskotheken finanziert, indem ich mit meiner Geige auf DJ-/House-Klänge improvisiert habe." Bei den jungen Discobesuchern ¬kam das sehr gut an – übrigens noch zu Zeiten, bevor David Garret so richtig durchstartete. Sogar ein junger Hip-Hopper in Baggy-Jeans spiegelte ihm, dass klassische Elemente total cool sein können. Dessen Frage "Kannst Du mir Geigenunterricht geben?" war dann aber doch etwas überraschend, die Krznaric jedoch aus Respekt vor Verantwortung verneinte.

Und dann ergab sich alles Schritt für Schritt:
Ein Auftritt auf einer Hochzeit führte zur Bekanntschaft mit Stefan Kunz, dem ehemaligen deutschen Nationalspieler und früherem Vorstandsvorsitzenden des 1. FC Kaiserslautern. Daraus ergab sich ein Auftritt im Stadion Kaiserslautern. Es folgte das Engagement beim Harald Wohlfahrt Palazzo in Mannheim über mehrere Saisons. Immer wieder tourt er mit der MS Europa 2 durch nahe und ferne Regionen der Welt, dazwischen spielt er auf unterschiedlichen Events und steht auf deutschen Bühnen. Langweilig wird ihm so schnell nicht. "Es läuft für mich im Moment sehr gut und dafür bin ich sehr dankbar. Jedoch hat man in der Branche nie festen Boden unter den Füßen, es sei denn, man ist in einem Orchester angestellt mit festen Dienstzeiten, einem festen Gehalt." Auch diese Erfahrung hat Krznaric gemacht. Lange spielte er beim Saarländischen Rundfunk und hat diese Zeit in guter Erinnerung. "Ich konnte mich jedoch nicht vierzig Jahre lang dort sehen sondern hatte das Bedürfnis, mich weiter ausprobieren. In schwachen Momenten macht man sich Sorgen um seine Zukunft. Aber ein Großteil meiner Arbeit besteht auch aus Networking. Darüber funktioniert sehr viel, so dass ich mir immer sage: "Mach Deine Musik, mach das, was Dir Spaß macht, der Rest wird schon irgendwie kommen. Im schlimmsten Fall spiele ich auf der Straße." Wenn er nach einem Autogramm gefragt wird, überrascht ihn das bei aller Freude immer wieder. "Schon Wahnsinn, mit welch Kleinigkeiten man Menschen glücklich machen kann. Warum wollen Menschen ein Autogramm oder Foto von mir? Ich tue doch nur das, was ich gern mache und was ich kann."

Das Talent wurde ihm in die Wege gelegt. Dennoch gehört auch viel Fleiß dazu, ein gewisses Niveau zu halten bzw. sich weiter zu verbessern. Krznaric übt vor großen Konzerten bis zu sechs Stunden am Tag. Allerdings hört er auch in diesem Fall sehr stark auf seinen Körper. "Wenn ich nach 1 Stunde merke, es funktioniert heute nicht, die Finger machen nicht mit, dann lasse ich es auch. Wenn man unkonzentriert ist, schleichen sich Fehler ein, die man nur schwer wieder loswird."

In wenigen Tagen empfängt ihn die Mannheimer erneut. Diesmal jedoch für ein Konzert im Rahmen einer "Adventsmatinée". Bei der Veranstaltung mit rund 130 Gästen, darunter SINFONIMA-Kunden, steht er gemeinsam mit Tom Schlüter, besser bekannt als "Tom Schlüter Band" aus der RTL-Nachtshow und weiteren tollen Musikern auf der Bühne. "Ich freue mich sehr, dass ich mit Tom Schlüter und den anderen Musikern, Zeit verbringen und auf der Bühne stehen darf. Gleichzeitig ist das Konzert ein Dankeschön von mir an die SINFONIMA-Stiftung, die mich am Anfang meines Berufslebens mit der Bertoni Geige so unterstützt hat." *

Auf die Frage, von welchen Musizier- und Auftrittsorten er träumt, antwortet er spontan: "Ich hätte große Lust, nach Afrika zu gehen, um kulturell und musikalisch eine Verbindung herzustellen, dort funktioniert die Melodiebildung ja ganz anders als in Europa. Natürlich wäre aber auch ein Auftritt in der Elbphilharmonie interessant. Es gibt einfach Säle, da würde man gern mal als Künstler spielen. In einigen tollen Sälen wie der Alten Oper in Frankfurt oder in Rio war ich schon engagiert, aber man möchte als Musiker immer noch einen Schritt weiter. Aber eigentlich, ob ich in der Elphi spiele oder im Casino der Mannheimer Versicherung macht für mich eigentlich keinen Unterschied. Man spielt für das Publikum und ich werde an keinem Ort anders spielen."

* Anm. d Red. : Stefan Krznaric wird in folgender Besetzung bei der SINFONIMA Adventsmatinèe auftreten:
Klavier und Musikalische Leitung: Tom Schlüter
Glasperlenspiel Gitarrist: Nico Schliemann
Gastsängerin: Dorothea Lorene
Bass: Francesco Petrocca
Schlagzeug: Valery Brusilovsky

 

Lieber Stefan, vielen Dank für Deinen Besuch und Dein persönliches Mini-Konzert! 
Ein größeres Konzert gab es im Dezember 2017. Klicken sie hier.

 

 

Text von Isabelle 

 

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