Musikgespräche

'Ein kreativer Prozess braucht Fürsorge'

Eine Gitarre, ein Kontrabass und eine wohlklingende Stimme, die Gefühle und Erlebnisse des Lebens in gute Lyrics zu packen weiß. Das sind Luna & Lewis. Erlebt das Duo auf der Unplugged Stage der Musikmesse oder bei der Veranstaltungsreihe 'Kunst in Kunst'. 

Luna & Lewis heißen eigentlich Laura (21) und Jeremy (23) und könnten in mancher Hinsicht unterschiedlicher nicht sein. Laura redet zum Beispiel gern und viel. Sie antwortet meist zuerst auf meine Fragen, ist in unserem Gespräch regelmäßig im Vordergrund, während Jeremy zurückhaltender ist und ihr zu einem Großteil den Rede-Vortritt lässt. Jene Konstellation trifft man häufig: Sänger einer Band sind eben die Personen der Front, die Musiker einer Band halten sich eher im Hintergrund, sind aber ebenso essentiell für die Gesamtband. Die Unterschiedlichkeit im Persönlichen sowie die unterschiedlichen Studienschwerpunkte scheinen aber für beide in der musikalischen Zusammenarbeit eine optimale Kombination zu sein. Und was die zwei Musikstudenten zu erzählen haben, ist höchst interessant und zeugt von einer großen inneren Reife.
 

"Komm, jetzt sind wir eine Band." Was nach einer fixen Idee klingt, war zunächst auch tatsächlich ein recht spontan zusammengefundenes Projekt. Als Laura und Jeremy vor gut einem Jahr für das Mannheimer Nachwuchsband-Coaching-Projekt "Bandsupport" ausgewählt wurden und zum ersten Mal vor ihrem Coach standen, hatten sie erst wenig gemeinsame Arbeit vorzuweisen; doch gemeinsam Musik zu machen, das war eigentlich klar und hat von Anfang an gut als Duo harmoniert. Der ganz eigene Sound und Stil, der "Luna&Lewis" ausmacht (sie beschreiben ihn als "jazzy Elektropop"), hat sich während des Coachings immer mehr herauskristallisiert. "Das Bewusstsein dafür zu entwickeln, was mir gefällt, was vielleicht auch den Zuhörern gefällt und vor allen Dingen: Wie soll die Musik klingen, die ich machen will?", das haben Laura und Jeremy aus dem begleiteten Lernprozess mitgenommen.

Ursprünglich hatten die beiden mit Gitarre und Gesang als Band begonnen, doch Jeremy hatte Lust, etwas Neues auszuprobieren. Als er den Kontrabass ausprobierte, stellten sie fest, dass dadurch erst der Luna & Lewis-Sound entsteht, der das Duo zu einer außergewöhnlichen, einprägsamen Kombination macht. Also lernte Jeremy innerhalb kurzer Zeit um, ersetzte sein Hauptinstrument Gitarre und ist nun Herr des Kontrabasses, der sich um Akkorde, Harmonien, Voicing und Basslines kümmert. Sein Studienschwerpunkt der Musikforschung und Medienpraxis sowie seine ausgeprägten Zuhörerqualitäten sind die ideale Ergänzung zu Lauras Hingabe zu guten Lyrics und manch einer Melodie in ihrem Kopf, die sie Jeremy versucht zu beschreiben oder mit ihrer warmen Stimme demonstrieren kann. Sehr schnell setzt er technisch um, was sie sich vorstellt oder entwickelt selbst die passenden Harmonien für neue Songs, denn in ihrer Vorstellung von guter Musik sind sie ganz auf einer Wellenlänge. "Ich finde, wir erschaffen Schönheit und es fühlt sich gut an, etwas Schönes zu erschaffen", fasst Jeremy die produktive, ergänzende Arbeitsweise des Duos zusammen. "Es klingt vielleicht kitschig aber 'Glückseligkeit' beschreibt das Gefühl, das ich fühle, sehr gut", erklärt Laura. "Wenn wir zusammen spielen und es kommt eine gewisse Routine rein, dann macht das warm ums Herz."

Aber auch sie musste viel dazulernen, als sie sich dafür entschieden, den Kontrabass in die Band zu holen: Plötzlich war sie nicht nur Sängerin, sondern auch noch Gitarristin des Duos, was die selbstbewusste junge Frau anfangs sehr verunsicherte. "Ich stand schon seit meiner Kindheit viel auf der Bühne. Jetzt umso mehr, weil es zu meinem klassischem Gesangsstudium einfach dazugehört. Auftritte mit "fremden", gecoverten Songs, z.B. auf Hochzeiten sind gar kein Problem. Aber die neue, zweite Komponente des Gitarrenspiels und die Präsentation eigener Songs ist schon eine Herausforderung. Man möchte ja, dass die Leute es mögen und man legt in gewisser Weise seine Seele aufs Tablett. Das macht mich bei Auftritten mit Stücken von "Luna & Lewis" sehr nervös. Auch hier ist wieder Jeremys Ruhe und Gelassenheit enorm hilfreich für Laura. "Jeremy bringt mich in solchen Momenten runter und kann mich beruhigen. Ich bin erst aufgekratzt, dann total müde und falle regelrecht in ein Loch. Da tut es gut, einen beruhigenden Menschen an der Seite zu haben."

Doch auch Jeremy kennt Nervosität im Zusammenhang mit öffentlichen Auftritten beim Spielen eigener Songs. Sein Mittel, Ruhe zu bewahren und bei sich zu bleiben, ist zum Beispiel die Meditation, während der er sich völlig auf seinen Atem konzentriert. Mehrmals pro Woche nimmt er sich dafür Zeit und beginnt oder beendet mit der völligen Konzentration auf sich selbst, den Tag. "Ich finde es sehr wichtig, etwas für sich zu tun. Vor allen Dingen, etwas zu tun, was nichts mit Kreativität zu tun hat. Es hilft dabei, richtig abzuschalten und Platz für neue Kreativität zu schaffen. "

Das sieht auch Laura so. Und auch wenn das Studium und die Band einen sehr großen Anteil im Leben der beiden einnehmen, ist trotzdem Platz für weitere Hobbies und ehrenamtliche Engagements. Jeremy ist regelmäßig bei Proben des Mannheimer Nationaltheaters (NTM) anzutreffen. Dort wirkt er als Statist bei "Der Spieler" einer Oper von Sergei Prokofjew mit. Außerdem spielt er bei der Mannheimer Bürgerbühne und bei der Theaterwerkstatt Heidelberg Theater.

Laura engagiert sich auf Vorstandsebene für den parteiunabhängigen Kinder-und Jugendverband SJD-Die Falken. Ziel des Verbands ist, Kinder ab sechs Jahren und Jugendliche in ihrer Entwicklung zu selbstbewussten, kritisch-denkenden Persönlichkeiten zu unterstützen und für alltagspolitische Themen zu sensibilisieren. Dafür bieten die betreuenden Helferinnen und Helfer zum Beispiel Tagesseminare oder Veranstaltungen zum "Awareness-Raising" an. Beispielhaft werden Themen wie Sexismus, Rassismus oder auch Homophobie angesprochen und vermittelt.

Operndramaturgie und die sozial-psychologische Arbeit sind es auch, die die beiden faszinieren, anders als die Musik fordern und auf gewisse Weise erden. Vielleicht auch als mögliches zweites Standbein, sollte es mit der Musik doch nicht so funktionieren, wie erhofft.
Doch darüber brauchen sich die zwei momentan keine Sorgen zu machen. Derzeit fließt die größte Energie tatsächlich in die Musik, nämlich in die Erstellung der ersten EP (in Eigenproduktion), damit sie pünktlich zur Musikmesse fertig ist und verkauft werden kann. Zum Zeitpunkt des Interviews war das erste Video ("For Me") abgedreht, der Song aufgenommen. Eine spannende Erfahrung, gerade für Jeremy, denn "normalerweise bin ich im Studio selbst der Techniker, nicht der ausführende Musiker."

Neben dem Auftritt auf der Unplugged Stage der Musikmesse, steht als nächstes "Kunst in Kunst" rot im Kalender. Bei der Konzertreihe in Wohnzimmeratmosphäre, in Galerien und einem Buch- und Manufakturenladen tritt das Duo gemeinsam mit Hewa (Cinnamon Silence) auf, bevor das Mannheimer Maifeld Derby im Juni Luna & Lewis wohl die bisher größte Bühne bietet. Bis dahin nehmen sich die beiden noch die Zeit, die sie zum proben brauchen; obwohl Laura gelernt hat, auf Knopfdruck kreativ zu sein, und unter nicht-optimalen Bedingungen an Songtexten arbeiten zu können, "das ist die harte Realität: Man ist darauf angewiesen, abrufen und ausblenden zu können, man muss mit dem arbeiten können, was man hat." Notfalls singt sie unterwegs einen Satz, der ihr flüchtig in den Sinn kommt und neue Lyrics ergeben könnte, ins Handy hinein. Trotzdem sind sie sich einig, dass Proben unter Zeitdruck nicht besonders effektiv ist. Jeremy drückt es poetischer aus: "Ein kreativer Prozess braucht Fürsorge."

SINFONIMA hält für Luna & Lewis die Daumen für die bevorstehenden Auftritte gedrückt und freut sich sehr, das Duo auf der Musikmesse präsentieren zu dürfen (Fotos und ein Video finden Sie ab sofort hier). Vielen Dank für das angenehme Gespräch! 
 
 
Text von Isabelle 
 
 
 

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