Musikgespräche

Klanghaus - Ein besonderer Ort mit außergewöhnlichen Ideen

Diethard Heß führt seit 2014 das Klanghaus Musikgeschäft in Mannheim. Der Musiker, der selbst mehrere Instrumente spielen kann, zeigt uns ein ganz besonderes Instrument. Dieses sieht nicht nur interessant aus, sondern klingt eben so und wird darüber hinaus auch zu Therapiezwecken eingesetzt.

Foto | Bildrechte: © Isabelle Haupt | Mannheimer Versicherung AG

Wenn man das "Klanghaus" in Mannheim betritt, befindet man sich in einem Raum mit Persönlichkeit. Dunkler Holzfußboden, weiße Möbel im shabby-schick Style, akustische Instrumente, wohin man schaut. Nichts erinnert mehr an den früheren EDEKA Markt, der als Tante Emma-Laden in eben jenen Räumen betrieben wurde. Beim Umherschweifen fällt der Blick schnell auf einige außergewöhnliche Holzinstrumente in mehreren Größen mit unterschiedlich vielen Saiten. Sie erinnern in ihrer Form an Zithern, werden aber wie Harfen gespielt. "Das sind Veeh-Harfen", erklärt Diethard Heß, der seit 2014 das Musikgeschäft Klanghaus in Mannheim voller Leidenschaft betreibt. Der pensionierte Musiklehrer wuchs in einer musikalischen Familie auf, kam aber erst vor einigen Jahren zur Veeh-Harfe. Das neue Hobby seiner Mutter, die sich nach dem Tod ihres Ehemanns in der Kirchengemeinde zu einem Veeh-Harfen-Kurs anmeldete, inspirierte ihn. Das Musizieren hatte nach der Trauerphase einen merklich therapeutischen Effekt auf seine Mutter. Sie veränderte sich zum Positiven, wurde wieder lebenslustig und munter. "Das Schöne am Musizieren auf der Veeh-Harfe ist, dass jeder Mensch in der Lage ist, dem Instrument angenehme Melodien zu entlocken und gemeinsam mit anderen Menschen in der Gruppe zu musizieren. Dass es dann noch zum persönlichen Wohlbefinden beiträgt, ist ja ganz typisch für Musik. Das Spiel auf der Veeh-Harfe wird zum Beispiel in der sozialen Arbeit und der Musikgeragogik therapeutisch eingesetzt. All das hat mir gefallen."

Die Idee der Veeh-Harfe wurde in den 1980er Jahren von Herrmann Veeh im fränkischen Hemmersheim entwickelt. Heute ist daraus die "Hermann Veeh GmbH" geworden, die über eintausend Harfen pro Jahr herstellt. Aufgrund der Down-Syndrom Behinderung seines Sohnes kam Veeh auf die Idee die Harfe zu bauen, die er dann mit seinem Nachnamen versah. Im Gegensatz zu den bekannten wuchtigen Harfen, ist die Veeh-Harfe ein Instrument, das vor sich auf den Tisch gestellt werden kann und dessen Saiten ein- oder zweihändig mit den Fingern gezupft werden, je nachdem, ob das Stück ein- oder zweistimmig ist.

Hermann Veeh orientierte sich beim Bau tatsächlich an einer Akkord-Zither und entwickelte eine vereinfachte Notenschrift. Ob jung oder alt, musikerfahren oder nicht, mit oder ohne Beeinträchtigung: Keiner sollte auf die positiven Effekte des Musizierens verzichten müssen. Also entwickelte er ein ganz einfach lesbares Notensystem: Dazu wird ein Notenblatt direkt unter die Saiten gelegt. Die Melodien und Begleitstimmen werden so aufgeschrieben, dass die Notenköpfe direkt unter den zu spielenden Saiten stehen. Die Notenköpfe, das sind schwarze Punkte, die entweder vollständig schwarz gefüllt oder nur aus einer schwarzen Umrandung bestehen, sind eine vereinfachte Form der Notenschrift, denn sie zeigen gleichzeitig die Länge der Noten an. Pro Note wird eine Saite gezupft. Der musikalische Verlauf wird von oben nach unten gelesen. Egal welche Musikrichtung, ob Volks- oder Kirchenlied, Gospel, Pop oder Konzertmusik. Das mittlerweile verfügbare Notenrepertoire ist beachtlich, auch gibt es in Deutschland schon seit längerem mehrere Veeh-Harfen-Ensembles. Interessant ist, dass sogar im weit-entfernten Japan eine große Veeh-Harfen-Gemeinde entstanden ist, die sowohl traditionelle japanische Weisen als auch Bearbeitungen klassischer Werke auf dem Instrument erklingen lässt.

Nachdem Diethard Heß´ Mutter so enthusiastisch die Veeh-Harfe ausgetestet hatte, entschloss er sich, die Ausbildung zum Veeh-Harfen-Mentor zu absolvieren und das Instrument im Klanghaus auf zweierlei Weise anzubieten: Einerseits kann man die Veeh-Harfe bei ihm käuflich erwerben, andererseits verbindet er den Businessgedanken mit seiner Erfahrung als langjähriger Musiker und Musiklehrer. So bietet er in seinem Geschäft regelmäßig Gruppenkurse im Veeh-Harfen- und Ukulele-Spiel an. Das Klanghaus fungiert also nicht nur als Musikgeschäft sondern gleichzeitig als Musikschule. Diese Nische machen ihn und sein Geschäft zu etwas Besonderem, denn Diethard Heß ist der einzige autorisierte Veeh-Harfen-Händler in der Rhein-Neckar-Region.

Wie kam Diethard Heß eigentlich zur Musik?
"Schuld" hat Herr Heß senior. Er war seinerzeit Musiklehrer und "testete" an seinem Sohn, wie Blockflötenunterricht für Kinder funktionierte. Und hatte damit Erfolg. Diethard Heß lernte die Blockflöte lieben und blieb dem Instrument treu. Statt sie, wie so viele Kinder, nach dem Musikunterricht in der Schule in die Ecke zu verbannen, erlernte er nach und nach alle Instrumente der Blockflötenfamilie und machte das Flötenspiel später zu seinem Beruf. Es folgten Geige und Trompete und mit 14 Jahren der E-Bass. Schon bald war er Mitglied in seiner ersten Band "The Young Ones". Während der Studienzeit hatte er Erfolge im Bereich deutschsprachiger Folklore mit der Gruppe „Elster Silberflug“.

Heute spielt er nun schon seit einigen Jahren in der Band "Los Viejos" (span. "Die Alten"), mit der er sich auf den Tango argentino spezialisiert hat. Für seine musikalische Zukunft hat Diethard Heß wieder neue Ideen, die er jetzt allerdings noch nicht verraten mag und für die Veeh-Harfe wünscht er sich ein größeres Ensemble, mit Gitarren, Streichinstrumenten, möglicherweise Holzbläsern und einem Kontrabass. Wer Interesse daran hat, kann sich gerne mit ihm in Verbindung setzen. Herr Heß freut sich über neue Kontakte.

Diethard Heß engagiert sich bei Veranstaltungen im Jungbusch. So war er erst kürzlich beim NACHTWANDEL aktiv. 


SINFONIMA dankt Ihnen, Herr Heß, herzlich für die Einführung in die Spieltechnik der Veeh-Harfe und für das angenehme Gespräch! 

 

 

Text von Isabelle 

 

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