Musikgespräche

Fliegender Schiller raubt rockender Ballerina den Atem

Der 3. Crossover Composition Award hat erneut sechs hervorragende neue Kompositionen hervorgebracht - doch dieses Mal war die Konkurrenz viel größer: 353 Komponisten aus 44 Nationen traten in den Wettstreit. Das Publikum hatte beim Finalkonzert das letzte Wort. SINFONIMA war dabei.

"Die Zeit des Sturm und Drang. Der verrückte, junge Friedrich Schiller gleitet eines Nachts über die deutschen Lande – Das war meine Vision bei dieser Komposition", erzählt Benedikt Brydern, diesjähriger (und wiederholter) Preisträger des Crossover Composition Awards, als er den 1. Preis entgegennahm. Der einzelne Zuhörer hatte bei der Uraufführung des Stückes am 25. September vielleicht ein anderes Bild im Kopf, kannte er doch weder den Titel des Stücks noch den Komponisten. Doch ganz gleich, welche Bilder die Vorstellung des einen oder anderen beim ersten Hören beflügeln: "Schillers Nachtflug", so der offizielle Titel der Siegerkomposition, begeisterte die Mehrheit im Publikum. Das Stück erhielt 175 Stimmen. Und das war wichtig, handelt es sich beim Crossover Composition Award doch um einen Publikumsentscheid.

Alle drei Jahre – 2015 zum 3. Mal – rufen die Geschwister Marie-Luise und Christoph Dingler (The Twiolins) Komponisten aus aller Welt dazu auf, innovative Stücke für zwei Violinen zu komponieren um das musikalische Repertoire der eher seltenen Besetzung zu erweitern. Marie und Christoph setzen nur wenige Rahmenbedingungen, was auch den Titel des Wettbewerbs erklärt: Alles ist erlaubt, ob rockiger oder federleichter Stil, ob angelehnt an eine bestimmte Epoche oder eine Kombination aus allem. "Crossover" eben - alles geht, solange es für zwei Violinen geschrieben wurde, ca. fünf Minuten dauert, spieltechnisch anspruchsvoll ist und das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinreißt!

In diesem Jahr hat der Crossover Composition Award so viele Bewerbungen erhalten wie noch nie: 353 Komponisten aus 44 Nationen bewarben sich um die ersten sechs Plätze! Alle eingesandten Stücke wurden von den Dingler-Geschwistern nach einem speziellen Verfahren gesichtet, das die Identität der Komponisten anonym hielt. Sechs Finalisten aus fünf Nationen wurden von der fünfköpfigen Jury ausgewählt und von den beiden Wettbewerbsveranstaltern bis zur Perfektion einstudiert. Am 25. September war es endlich soweit: Jedes Stück wurde – ebenfalls unter Geheimhaltung des Titels und der Identität des Komponisten – von Marie und Christoph auf wunderbar professionelle und doch emotionale Weise live präsentiert. "Genauso habe ich mir mein Stück im Kopf vorgestellt!", erzählte Jens Hubert, 2. Preisträger, später. Merklich begeistert war das Publikum von jedem der sechs Kompositionen, die es ins Finale geschafft haben. Es herrschte eine freudige Gespannt- und Gebanntheit, während der jeweils fünfminütigen Uraufführung. Tatsächlich hatte jedes Stück etwas Frisches, Hingebungsvolles an sich, das Visionen im Kopf entstehen ließ und den Atem stocken ließ. Per Stimmzettel entschieden die Zuhörer im Anna-Reiß-Saal des Mannheimer Reiß-Engelhorn-Museums über die Sieger des diesjährigen Crossover Composition Awards.

SINFONIMA gratuliert folgenden sechs Preisträgern:

1. Platz für "Schillers Nachtflug" von Benedikt Brydern (USA)

2. Platz für "Rock You vs. Ballerina" von Jens Hubert (Deutschland)

3. Platz für "Atem. Licht" von Johannes Meyerhöfer (Deutschland)

4. Platz für "Carpathian" von Dawid Lubowicz (Polen)

5. Platz für "Metamorphosis" von Aleksandr Gonobolin (Ukraine)

6. Platz für "Balkanoid" von András Derecskei (Ungarn)

Dank vieler Sponsoren erhöhte sich der Gesamtwert des Preisgeldes von ehemals 7.000 Euro auf 11.000 Euro! Zudem wird jede Komposition auf CD veröffentlicht und bei Peermusic Classical verlegt.

Weitere Informationen zum Wettbewerb und den Preisträgern findet ihr hier.

Großer Respekt gilt nicht nur den eingesandten Kompositionen, sondern auch den beiden Geschwistern Marie-Luise und Christoph Dingler, die sehr viel Zeit und Energie für das Zustandekommen und Gelingen dieses Wettbewerbs aufgebracht haben. Nicht alles lief glatt: Ob nun der Poststreik die Bewerbungsphase in Atem hielt, technische Schwierigkeiten bis kurz vor Beginn des Finalkonzerts auftraten oder Verständigungsschwierigkeiten während der Gratulation via Skype für Unsicherheit und Lachen sorgten (der ungarische Preisträger András Derecskei konnte nicht persönlich am Konzert teilnehmen): Das Geschwisterpaar löste alle Probleme kreativ und mit sehr viel Charme! SINFONIMA dankt Marie und Christoph sowie allen sechs Komponisten für ein großes Konzerterlebnis voll neuer Musik!

 

 

Text von Isabelle 

 

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